Pfarrkirche St. Gallus in Tettnang

Die Baugeschichte der Kirche 

Bei dem ersten Gotteshaus des Dorfes Tettnang, das damals noch abseits der heutigen Kernstadt zwischen der Pfarrkirche und dem Bärenplatz lag, darf man von einer kleinen Holzkirche ausgehen. Sie stand bereits an der Stelle der heutigen Pfarrkirche. Kirchenpatron war wohl schon am Anfang der Hl. Gallus, einer der Missionare im Bodenseeraum und Gründer des nach ihm benannten Klosters St. Gallen. Dieses erste Kirchlein wurde später durch einen romanischen Steinbau ersetzt inmitten eines ummauerten Friedhofs, so dass es sich wahrscheinlich um eine Wehrkirche handelte. Die von Graf Hugo III. von Montfort vor seiner Burg angelegte Stadt besaß keine eigene Kirche, und die Bewohner kamen zur Dorfkirche. Mit dem Leutpriester Konrad wird 1309 erstmals ein Pfarrer in Tettnang namentlich genannt. Das Patronatsrecht über die Pfarrkirche lag in den Händen der Grafen von Montfort, ein Sachverhalt, der erstmals 1353 belegt ist.  

Durch die Zunahme der Bevölkerung wurde die alte Kirche im Laufe der Zeit zu klein, und man begann um 1400 mit dem Bau eines neuen Gotteshauses. Der Chor wurde etwa 1420 fertiggestellt, der Turm 1450. Dass der Turm zumindest im unteren Teil bereits im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts errichtet wurde, beweist ein stark verwittertes Allianzwappen an der Südostecke, etwa in halber Höhe. Es zeigt die Wappen von Wilhelm V. von Montfort (1374–1439) und seiner Gattin Kunigunde, geborene Gräfin von Werdenberg-Heiligenberg (1412–1438). Der untere Turmteil mit seinen 1,70 m dicken Wänden aus Feld- und Wackersteinen ist das älteste sakrale Mauerwerk in Tettnang. Der Raum im Erdgeschoss  hat ein Kreuzrippengewölbe mit birnenförmigem Rippenprofil. Die vier Konsolen, auf denen die Rippen enden, zeigen eine Rosette, eine Männerbüste mit Kappe, eine die Haare raufende menschliche Gestalt und einen Affen. Gekrönt wird die Gewölbedecke durch einen Schlussstein mit kunstvollem Maßwerkrelief. In der Südostecke befindet sich eine Luke als Zugang zu den Glockenstuben. Der Turm hatte ursprünglich ein spitzes Dach. 

Die heutige Pfarrkirche St. Gallus wurde in den Jahren 1858-1860 erbaut. Der untere Teil des Turms stammt aus der Spätgotik (erste Hälfte des 15. Jahrhunderts), der obere Teil wurde 1705 nach einem Brand in der heutigen Form erstellt

Die Pfarrkirche St. Gallus besitzt eine außergewöhnliche Orgel, über die Sie hier mehr erfahren können […]

Der Bau der Vorgängerkirche 

Der Grundstein für das größere Kirchenschiff wurde am 4. Mai 1467 gesetzt. Anwesend bei der Zeremonie waren der regierende Graf Ulrich VI. von Montfort mit seiner Gemahlin Ursula, geborene Gräfin von Hachberg, der Pfarrer Melchior Molitor und der Frühmesskaplan Ulrich Gäßler. Alle vier legten einen Goldgulden in den Grundstein. Legendär ist die Geschichte, dass der zweijährige Sohn des Grafenpaares, Ulrich VII., der spätere Erbauer der St.-Anna-Kapelle, mit einer Kelle und geführt von der Hand des Vaters den Mörtel auf dem Grundstein glattstrich. Von dieser gotischen Kirche ist eine Grundrisszeichnung des Schulamtskandidaten F. K. Remlinger aus der Mitte des 19. Jahrhunderts im Pfarrarchiv erhalten. Nach dieser handelte es sich um eine einschiffige Hallenkirche mit flachbogigem Chorabschluss. Nördlich des Chors stand wie heute der Turm, südlich ein schiffartiger Nebenraum mit Pultdach. Die Kirche war innen 13 m breit und bis zum Turm 25 m bzw. mit Chor 37 m lang. Von den beiden Westemporen war die untere uförmig und die obere rechteckig. Die untere war jeweils von einer Außentreppe an den Längsseiten, die obere innen von der unteren Empore aus begehbar.  

Am 8. August 1702 schlug ein Blitz in den Turm ein, und der obere Teil brannte völlig aus. Dabei wurden auch die Glocken zerstört. Einem Hinweis zufolge sind sie in der Glut des Feuers geschmolzen, vermutlich aber zerbrachen sie beim Herabfallen. Aus den zerstörten Resten der Glocken wurde 1705 bei der Gießergemeinschaft Ernst in Lindau und Aporta in Feldkirch ein neues vierstimmiges Geläut mit der Tonfolge h – d – fis – a gegossen. Die Glocken kamen mit dem Schiff nach Langenargen und von dort auf dem Landweg nach Tettnang. Von den vier Glocken mussten die d- und die fis-Glocke 1942 im Rahmen der sogenannten „Metallspende des deutschen Volkes“ abgeliefert werden. Zum Glück wurden sie nicht eingeschmolzen, kamen im März 1942 zurück und leisten mit den anderen beiden seit nunmehr über 300 Jahren klangvolle Dienste. 

Auf den beim Brand erhaltenen gotischen Unterteil des Turms wurde 1705 als zweite Glockenstube ein achteckiger Aufbau mit Eckpilastern und vier Rundbogenfenstern gesetzt. Statt dem spitzen Dach erhielt der Turm eine blechverschalte barocke Zwiebelhaube, bekrönt von einem Doppelkreuz mit Turmhahn und Kugel. In dieser Form blieb der Turm auch beim Neubau der Kirche 1860 unverändert bis heute erhalten.  

Im Laufe des 18. Jahrhunderts erfolgte nach und nach eine Barockisierung der Kirche. Bereits 1698 wurden die alten gotischen Fenster durch neue Rundbogenfenster ersetzt. 1732 schlug wieder ein Blitz in den Turm ein und verursachte größere Schäden. Auch die Altäre und die Orgel wurden dabei in Mitleidenschaft gezogen, und man beschloss, die Restaurierung im barocken Stil auszuführen. 1748 erhielt der Bildhauer Joachim Frühholz aus Altdorf (Weingarten) den Auftrag für einen neuen Hochaltar. Dabei wirkte der Schreiner und Fassmaler Georg Büchelmayer aus Feurenmoos mit. Im Rahmen der Barockisierung wurde die 1684 eingezogene Holzdecke entfernt und die darunterliegende Gipsdecke restauriert und aufgewertet. Der in der Region bekannte Barockmaler Andreas Brugger aus Langenargen erhielt den Auftrag für die Ausgestaltung der Kirche. Am 10. April 1783 präsentierte er die Entwurfsskizzen für die Ausmalung der Decken und der Wände zwischen den Fenstern sowohl für das Langhaus als auch für den Chor. Die umfangreichen Arbeiten wurden zwischen April und Dezember 1783 vom Künstler selbst, seinem Bruder Anton und einem weiteren Mitarbeiter ausgeführt. Laut überliefertem Vertrag erhielt Brugger dafür einen Betrag von 500 Gulden, den er in drei Raten ausgezahlt bekam, sowie ein wöchentliches Kostgeld von drei Gulden. Neben Brugger war auch der Fassmaler Mathäus Büchelmayer aus Feurenmoos bei der Barockisierung der Kirche tätig. 

Die von Andreas Brugger in der 2. Hälfte der 1780er Jahre gemalten Seitenaltarblätter „Mariä Himmelfahrt“ und „Hl. Sebastian, gepflegt von Irene und ihren Frauen“, die sich heute im Querschiff der Tettnanger St.-Johann-Kapelle befinden, stammen mit großer Wahrscheinlichkeit von den Seitenaltären der St.-Gallus-Kirche. Das seit 1858 verschollene Hochaltarbild „Hl. Gallus vor der Dreifaltigkeit“ wird ihm ebenfalls zugeschrieben. Damit war er der maßgebliche Künstler bei der Ausstattung der Kirche in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts. 

1803 fiel ein großes Stück der Gipsdecke mit den Fresken von Brugger herab und musste restauriert werden. 

Der Neubau des Gotteshauses 1858–1860 

Durch den Anstieg der Bevölkerung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und die Neueinteilung der Pfarrbezirke erfuhr die Pfarrei Tettnang einen starken Zuwachs an Gläubigen, und eine Erweiterung der Kirche stand im Raum. Auch war diese nach fast 200 Jahren zum Teil sehr baufällig geworden. Seit 1820 liefen Verhandlungen über den Neubau einer größeren Kirche. Als erste Maßnahme wurde 1844 ein neuer Friedhof (der heutige Alte Friedhof) auf den oberen Tobeläckern angelegt, wo man die Toten der Stadt in der Folgezeit beerdigte. Im Juli 1858 erfolgte der Abbruch der alten Kirche, nur der Kirchturm blieb stehen. Nach Plänen des Regierungsassessors Linck wurde die neue Kirche von dem Architekten und Bezirksbauinspektor Gottlieb Pfeilsticker im sogenannten Kameralamtsstil errichtet. Der Backstein-Sichtbau mit Rundbogenfenstern war an Stirn- und Seitenwänden innen und außen durch Lisenen gegliedert. Der neuromanisch gestaltete Innenraum wurde durch zwei Reihen mit je acht Holzsäulen dreischiffig abgeteilt. Die Säulen hatten die statische Aufgabe, die beträchtliche Spannweite der 19 m breiten und 36 m langen hölzernen Flachdecke baulich zu stützen. Der stark eingezogene Chor mit Sternrippengewölbe schloss dreiseitig. Südlich des Chors befand sich die Sakristei. Ihre Südwand lag in einer Ebene mit der Längswand des Kirchenschiffs. Die sogenannte Ministranten-Sakristei mit neuer Zugangstür und -treppe wurde mit etwa gleicher Grundfläche später angebaut. 

Der Hochaltar, zwei Nebenaltäre im Chor, die beiden Seitenaltäre im Langhaus und die Kanzel entstanden in der Werkstatt des Altarbauers Peter Metz in Gebrazhofen. Die Beichtstühle fertigte der Tettnanger Altarbauer Carl Reihing, der auch am Aufbau der Altäre mitgearbeitet hat. In der Glaswerkstatt Ludwig Mittermeier in Lauingen/Donau wurden die farbigen Chorfenster hergestellt. Sie zeigten die Verkündigungsszene (links), den Besuch Marias bei Elisabeth (rechts) und im Mittelfenster „Christus als Salvator“. Die neue Kirche wurde nach knapp zweijähriger Bauzeit am 2. Oktober 1860 eingeweiht. 

Den aufwendigen Bilderschmuck des neuen Gotteshauses schuf der in Tettnang geborene Kunstmaler und Professor an der Baugewerkeschule in Stuttgart Fidelis Bentele. Seine Gemälde im Nazarenerstil entstanden nach und nach innerhalb von etwa 30 Jahren. Für die Seitenaltäre malte er 1861 die großflächigen Bilder „Maria Immaculata“ (links) und „Hl. Sebastian“ (rechts). Sieben Jahre später entstanden aus seiner Hand die 14 Kreuzwegstationen, von denen sich heute noch elf in der Kirche befinden, und 1869 vier Bilder mit den großen Kirchenlehrern Ambrosius, Hieronymus, Augustinus von Hippo und Papst Gregor für die Kanzelbrüstung. Die Kanzel stand an der dritten Säule auf der linken, der Evangelienseite. Zwei Gemälde am Haupteingang und die Bilder „Herz Jesu“ und „Herz Maria“ kamen 1873/74 hinzu. 1887 malte Bentele in der Kirche ein Fresko mit dem Hl. Antonius über dem linken Seitenaltar und ein weiteres mit der Hl. Anna mit Maria über dem rechten sowie zwei schwebende Engeln über dem Chorbogen. Die beiden 1894 entstandenen Ölgemälde „Christi Geburt“ (links) und „Abendmahl“ (rechts) mit jeweils vergoldeten Nimbussen befinden sich noch heute an den Seitenwänden im Chor. 

1893 erhielt der gesamte Innenraum der Kirche durch den Münchner Dekorationsmaler Hans Martin eine ornamentale Ausmalung mit kräftigen Farben und in Gold. Dadurch, aber auch durch die 16 Holzsäulen und die dunklen Chorfenster empfanden die Besucher die Kirche zunehmend als düster und bedrückend. 1913 wurde ein neuer Hauptaltar für das Gotteshaus aufgestellt, gefertigt von dem Bildhauer Theodor Schnell d. J. (1870–1938) aus Ravensburg. Auf dem Altar waren die fünf „Gesätze“ (Geheimnisse) des schmerzhaften Rosenkranzes im Bildprogramm dargestellt. Die vier Flügel zeigten von links den betenden Christus am Ölberg mit drei schlafenden Jüngern, dann die Geißelszene beim Verhör durch die Hohen Priester, die Dornenkrönung bei Pontius Pilatus und schließlich ganz rechts den kreuztragenden Christus. In der Mitte über den vier Tafeln der Gekreuzigte mit seiner Mutter Maria und dem Apostel Johannes. Filigrane Jugendstilelemente zierten die oberen Viertel der Tafeln. Die beiden Vollfiguren der Apostelfürsten Petrus und Paulus vom Vorgängeraltar fanden wieder Verwendung und wurden auf Scharnierhöhe der Flügel aufgesetzt. 

Schwerwiegende Folgen auch für Tettnang hatte der Luftangriff auf Friedrichshafen am 16. März 1944. Auf dem Rückflug warf ein feindliches Geschwader acht Bomben in der Nähe der Kirche ab, zwei davon trafen das Gotteshaus. Die Südwestecke wurde bis unter das Dach aufgerissen, das Fundament erschüttert, die Empore mit der Orgel in erheblichem Maß beschädigt und fast sämtliche Fenster zertrümmert. Durch provisorische Stützen und Bretterverschalung konnte das Gotteshaus soweit instandgesetzt werden, dass die Kirchengemeinde am Himmelfahrtstag 1944 erstmals wieder einen Gottesdienst feierte. 

Die Neugestaltung 1952 bis 1957 

Nach dem Zweiten Weltkrieg entschied sich die Pfarrgemeinde trotz der äußerst schwierigen Lage bezüglich Finanzierung und Baumaterialbeschaffung mutig für eine durchgreifende Umgestaltung des Gotteshauses und nicht nur für die Behebung der Kriegsschäden, um auch den zukünftigen Anforderungen zu entsprechen. Von den vier Architekten, die zur Abgabe von Entwürfen aufgefordert waren, erhielt Hans Lütkemeier (1898–1960) aus Rottenburg am 8. Mai 1946 den Auftrag. Die Bauausführung wurde den Tettnanger Architekten Franz und Joseph Seitz übertragen. Eine wesentliche Aufgabe bei der Neugestaltung lag in der Änderung des Raumcharakters. Neben der unharmonischen Wirkung der Säulenreihen, durch die zudem etwa 20 Sitzplätze verlorengingen, versperrten diese für etliche Plätze auch die freie Sicht auf Hochaltar und Seitenaltäre.   

Im ersten Bauabschnitt wurden ab Frühjahr 1947 das Fundament der zerstörten Südwestecke erneuert, das Mauerwerk wiederhergestellt und neue Fenster eingesetzt. Die wohl spektakulärste Aufgabe für den Architekten lag in der statischen Neuauslegung des Dachstuhls, der verstärkt werden musste, um die gewaltige Holzdecke zu tragen. Dabei sollte das Dach selbst nicht angetastet werden und die Arbeit ohne Abdeckung erfolgen. Die Tettnanger Zimmerei Friedrich Spohn erhielt den Auftrag für die Ausführung der Entlastungskonstruktion. Um einen Ausgleich zwischen dem jetzt optisch vergrößerten Kirchenschiff und dem Chor zu erhalten, wurde in einem weiteren Bauabschnitt der Chor erhöht, eine flache Kassettendecke eingezogen und der Dachstuhl auf die Höhe des Langhauses gesetzt. Die fünf jetzt elf Meter hohen, farbigen Chorfenster gestaltete der Ulmer Kunstmaler und Professor Wilhelm Geyer (1900–1968). Sie wurden in der Glaswerkstatt Derix in Rottweil gefertigt und im Juli 1952 eingesetzt. Die Komposition aus gelben und blauen Tönen stellt in zahlreichen Details die Wiederkunft Christi nach der Geheimen Offenbarung des Johannes dar. 

Wegen der festgestellten Schwammbildung mussten auch Boden, Bestuhlung und Beichtstühle erneuert werden. Die beim Bombenabwurf weitgehend zerstörte Empore wurde erneuert und dabei tiefer gelegt. Die Kanzel erhielt an der linken Stirnseite des Langhauses direkt am Chorbogen einen neuen Platz, und vom Chorraum aus wurde hinter dem Bogen ein Zugang geschaffen. Als letzte Baumaßnahmen erhielt der bis dahin unverputzte Backsteinbau eine neugestaltete Westfassade und einen Außenputz mit freundlichem Anstrich. Im Jahr 1957 waren alle Baumaßnahmen abgeschlossen.  

Von der 1860 erbauten Kirche wurden nur wenige Kunstwerke übernommen: Im Vorraum das Denkmal für Graf Anton IV. von Montfort, den letzten seines Geschlechts, im Chorraum die beiden Wandbilder von Fidelis Bentele und dessen 14 Kreuzwegstationen im Langhaus. 

Vorübergehend beherbergte die neugestaltete Kirche auch den Kanzelkorb mit den Evangelisten und die Gemälde „Herz Jesu“ und „Herz Maria“ über den Seitenaltären. 

Neben den Baumaßnahmen und der zeitgemäßen Gestaltung des Gebäudes waren es auch die neuen Einrichtungen – Altäre, Kanzel, Kommunionbank und Orgel –, die das Gotteshaus nun zu einer modernen Einheit machten. Der neue Hochaltartisch aus Trienter Marmor zeigte vorne Szenen aus dem Alten Testament, ein Relief des Bildhauers Willi Veit (1904– 1980) aus Lindau. Den rechteckigen Tabernakelaufsatz gestaltete Anton Kurz aus Pforzheim. 

Darauf waren auf der Vorderseite die Herrschaftsinsignien Siegerkranz, Morgenstern, Baum des Lebens, Säulen des Tempels, Manna und ein Gewand abgebildet, an den Seiten die Jünglinge im Feuerofen und David in der Löwengrube. 

Das Kommuniongitter mit schwebenden und anbetenden Engeln wurde von der Kressbronner Künstlerin Hilde Broër (1904–1987) entworfen und vom Kunstschmiedemeister Josef Reck in Schelklingen gefertigt. Ebenfalls von Hilde Broër stammt der Entwurf der Kanzel aus Bronze, die in der Erzgießerei Prießmann, Bauer & Co. in München gegossen und 1955 aufgestellt wurde. Sie zeigte links den Propheten Ezechiel, in der Mitte Christus als Lehrer und rechts Petrus als Fischer. 

Nachdem 1944 auch die Orgel weitgehend zerstört worden war, beschaffte die Kirchengemeinde als letzte Maßnahme der Renovierung und Umgestaltung ein neues Instrument, gebaut von der Firma Reiser in Biberach. Die Schleifladen-Orgel hatte 44 Register und 3281 Pfeifen auf drei Manualwerken und Pedal. Sie wurde am 18. August 1957 eingeweiht. 

Neue Seitenaltartische, ebenfalls aus Trienter Marmor, gestaltete Willi Veit 1962. Darüber befanden sich rechts eine Kreuzigungsgruppe, das Werk der Bildhauerin Maria Elisabeth Stapp (1908–1995) aus Mooshausen, und links eine Madonna, umgeben von 15 barocken Rosenkranzmedaillons. Die „stehende Gottesmutter mit Kind“ stammt aus dem 15. Jahrhundert und wird der Ulmer Multscher-Schule zugeschrieben. Sie befindet sich heute im Turmgewölbe.  

Nach den liturgischen Maßgaben des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965) bekam die Kirche 1969 einen schlichten Zelebrationsaltar aus Crailsheimer Muschelkalk, darauf abgestimmt einen Ambo aus Gussbronze, Altarleuchter und vier Priester- und Ministrantenbänke. Die neue Anordnung des Altars direkt unter dem Chorbogen erforderte eine Erweiterung der Stufenanlage zwischen Schiff und Chor, um ein ausreichendes Altarpodest zu schaffen. 

Die Neugestaltung 1990–1992 

Der relativ schmucklose, nur mit Lisenen zwischen den Fenstern gegliederte Innenraum, den man Anfang der 1950er Jahre noch als modern angesehen hatte, wurde 30 Jahre später als wenig ansprechend und sogar hässlich empfunden, auch von Seiten der Diözesanleitung in Rottenburg. Zunehmende Verschmutzung der Wände innen und außen und die Tatsache, dass das Fundament und die Mauer bis zu zwei Meter Höhe durch Wasser und Salpeter stark geschädigt waren, führten immer häufiger zu der Forderung nach einer Neugestaltung der St.-Gallus-Kirche.  

Als große Herausforderungen erwiesen sich bei der Planung 1990 die neue Raumaufteilung der riesigen Halle und eine ansprechende Farbgebung. Mit dem Breisacher Bildhauer Helmut Lutz (* 1941) fand der Kirchengemeinderat einen Künstler, der ein schlüssiges Gesamtkonzept für die Umgestaltung vorlegen konnte. Sein Entwurf entsprach den liturgischen Anforderungen, setzte neue architektonische Maßstäbe und überzeugte die Entscheidungsträger mit seinen künstlerischen Ambitionen. Lutz entwarf das Farbprogramm, alle Einzelelemente aus Stein, Metall und Holz sowie die Wandmalereien und die Glasfenster der Westfassade. Seine künstlerische Handschrift kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass er vorhandene Bildwerke in sein Konzept einbezogen und neu gefasst hat. Bei den ausgeführten Arbeiten wirkten verschiedene Künstler aus seiner „Breisacher Schule“ mit. Zu erwähnen sind dabei der Maler Karlheinz Geier, der Holzschnitzer Gerhard Maier und der Steinmetz Sven Daemen.   

Bis 1990 war die Westfassade recht eintönig und nur durch zwei Lisenen, zwei Ecklisenen, das Eingangsportal und ein kleines Fenster unbedeutend strukturiert. Bei der Neugestaltung in den Jahren 1990–1992 wurden zwei neue Rundbogenfenster in Form der Fenster an den Längsseiten links und rechts des Mittelfeldes und ein Rundfenster im Dachstuhl herausgebrochen. Außerdem erhielt das Hauptportal einen kräftigen Rahmen aus Sandstein mit einem pultdachähnlichen Oberbau. Durch die zusätzliche Bemalung – eine Dornenkrone um das Rundfenster und breite Bänder in Hellkarmin entlang der hellgrau betonten Lisenen – erhielt die Fassade eine lebhafte und interessante Struktur. Neben dem Entfernen der Kanzel und dem Zumauern ihres Zuganges waren die neuen Giebelfenster die einzigen größeren baulichen Veränderungen bei der Renovierung des Gotteshauses. 

Mit dem neugestalteten Innenraum und der Farbgebung entstand ein Gesamtkunstwerk, das ausdrucksstark den eigenwilligen und kreativen Stil des Künstlers zeigt und bewusst zur Auseinandersetzung auffordert. Mag sich mancher Betrachter bei der Interpretation und Deutung der Bilder und Symbole überfordert fühlen, so ist der tiefere Sinn, den Lutz ihnen gegeben hat, letztlich einleuchtend und schlüssig. 

Bei den Untersuchungen am Glockenstuhl zu Beginn dieses Jahrhunderts stellte sich heraus, dass die gotische Holzkonstruktion stark geschädigt und eine Generalsanierung der beiden Glockenstuben unumgänglich war. Daher wurde 2011 und 2012 das alte Stütz- und Traggebälk durch eine komplett neue Eichenkonstruktion ersetzt. Zudem war die Sanierung einiger Glocken notwendig. Gleichzeitig wurden Elektrik von Läute- und Schlagwerk, sowie die Turmuhr überholt und deren Ziffernblätter ausgetauscht.  

Als vorerst letzte größere Baumaßnahme erhielt die Kirche 2015 einen barrierefreien Zugang am Nordeingang. Eine gerade Rampe von Osten her und drei Stufen von Westen führen in einen dreiseitig verglasten Vorraum. Die Türen lassen sich durch Druckschalter öffnen. 

Die heutige Gestalt und Ausstattung der Kirche 

Die einschiffige Hallenkirche St. Gallus ist nach Osten ausgerichtet. Der eingezogene Chor mit Drei-Viertel-Schluss und das Langhaus haben ein gemeinsames Satteldach. Nördlich des Chors erhebt sich als ältester Teil des Gotteshauses der etwa 44 m hohe Kirchturm mit Zwiebelhaube. In der südlichen Ecke zwischen Chor und Langhaus befinden sich Sakristei und Nebenräume in einem Anbau mit quer zur Kirchenachse gestelltem Satteldach und Zwerchhaus an der Ostseite. Je neun Rundbogenfenster an den Längsseiten des Schiffs und fünf Fenster im Chor sorgen für gute Lichtverhältnisse im Innern. Zwischen den Fenstern gliedern Lisenen die sonst glatten Wände. Neben dem Hauptzugang in der Westfassade bestehen Nebeneingänge in der Mitte der beiden Seitenwände. Eine zusätzliche Tür führt an der Südseite in den hinteren Nebenraum, wo sich die Treppe zur Empore befindet. 

Die Innenwände von Langhaus und Chor zeigen sich heute in einem hellen Beige. Geteilt und dadurch aufgelockert werden die Flächen durch steingraue, pastellviolett eingefasste Lisenen. Durch deren Säulencharakter wird die gewaltige Holzdecke optisch besser getragen. 

Abgestimmt darauf ist das Platingrau der Decke und des Gestühls auf einem Waschbetonboden, in den handbreite Bänder und Figuren aus rotem Marmor eingelegt sind. 

Verstärkt wird das Farbprogramm durch das kräftige Karminrot von Kreuz, Ambo, Sakramentstele, den Türgriffen und den Elementen an den Wangen der Bänke. Starke Akzente setzt das leuchtende Signalblau als Grundfarbe der Chorgemälde, der Rahmen um die Chorfenster und der Bänder zwischen den Wandmalereien im Langhaus. Ebenso sind die Deckenleuchter, der neu gefasste Orgelprospekt und die Empore in das Farbkonzept einbezogen. 

Zwei wesentliche Merkmale kennzeichnen die neue Raumgliederung. Zum einen ist es die Herausnahme des Altars aus dem Chorraum und seine Platzierung inmitten der Gläubigen, zum anderen das große Kreuz, das in der Mitte das mächtige Langhaus teilt und damit Geborgenheit und Atmosphäre schafft. Die alten Kirchenbänke wurden im vorderen Bereich um den Altar angeordnet. Die Gläubigen sind damit näher am Altargeschehen und werden so zur Tischgemeinschaft Christi.  

Grundriss der Kirche mit Standorten der Kunstgegenstände

Altar, Ambo und Sakramentstele 

Der quadratische Zelebrationsaltar aus Bodensee-Sandstein präsentiert sich als die wesentliche Mitte. Auf seiner Vorderseite ist hinter steinernem Dornengeflecht das Lamm Gottes zu erkennen. Blutstropfen fließen aus seiner Wunde hervor als erlösendes Zeichen des Heils. Das rechteckige Altarpodest wird flankiert von vier Inselecken, die die Himmelsrichtungen symbolisieren. Die beiden vorderen Leuchter stehen wie Lichtmarken für die wegsuchenden Gläubigen. Dahinter versinnbildlichen das Vortragekreuz und das Osterlicht Anhaltspunkte für die Lebensorientierung. 

Auf der Mittelachse steht direkt hinter dem Altar der Ambo  in Form einer kleinen Kanzel, eine rot gefasste Kombination aus Eisenstangen und vier aufgebrochenen Knospen, aus denen in kunstvoller Eichenholzschnitzerei die Symbole der vier Evangelisten heraustreten, Engel, Löwe, Stier und Adler. Die von den Figuren ausgehenden stilisierten Feuerzungen symbolisieren die frohe Botschaft, die, in alle vier Himmelsrichtungen hinausgetragen, die Herzen der Menschen entflammen soll. 

Die Sakramentstele bildet als dominierendes Element den Blickfang im Chor. Als Basis dafür dienen Segmente des alten Hochaltars aus Trienter Marmor. Sie wurden neugestaltet und wie ein Schiffsbug oder Wellenbrecher in die Wogen der Zeit hineingestellt. Zwei im rechten Winkel zueinanderstehende Segmente des alten Antependiums bilden die Sockelflanken vor der Stele. Ihre Halbreliefs zeigen links die eherne Schlange des Moses sowie Aron und rechts Abraham und Elias. Der Tabernakel in Rautenform mit Türen und Ummantelung aus Messing ist eingesetzt zwischen zwei Streben, die den Stamm eines früchtetragenden Lebensbaums darstellen. Der transparente Baum, in dessen Mitte das Auge Gottes auf die Besucher blickt, ist aus rot gefasstem Eisen und mit kugelförmigen Früchten bestückt. Aus einigen der aufgesprungenen Kugeln werden von aus Eichenholz geschnitzten Händen Früchte herausgereicht. Direkt über dem Tabernakel sind es die Symbole der Eucharistie, Ährenbündel und Weintraube, rechts darüber eine Feige und ein Apfel. Die blütenhaft anmutenden drei Ventile und der Schalltrichter eines Blasinstruments symbolisieren die Posaunen des Jüngsten Gerichts nach dem irdischen Leben, dessen Ende mit einer gezahnten Sense angedeutet wird. Und über dem Lebensbaum entfaltet eine große Lilie ihre Schönheit als Sinnbild der Auferstehung. 

Die Madonna mit Kind im Fuß des Eisenkreuzes mitten im Kirchenschiff stammt vom Ende des 15. Jahrhunderts

Das Eisenkreuz 

Unübersehbar erhebt sich das acht Meter hohe, farblich in Rot gehaltene Eisenkreuz (Kr) in der Mitte des Kirchenraums. Es steht wiederum im Zentrum eines horizontalen Wegkreuzes. Die luftige Gestaltung des Kreuzes gewährleistet den freien Blick auf den Altar. An dem Kreuz sind die drei letzten Stationen des Kreuzwegs vereint. Die 12. Station „Jesus stirb am Kreuz“ ist das Kruzifix. In den kreisförmigen Enden des horizontalen Kreuzbalkens wendet sich jeweils ein Engel dem Gekreuzigten zu. Diese stammen aus dem Theodor-Schnell-Altar von 1913. Innerhalb einer rechteckigen Öffnung am Kreuzstamm befinden sich auf einer drehbaren Konsole zwei wertvolle spätgotische Mariendarstellungen. Die Plastik der Pietà ist gleichzeitig die 13. Kreuzwegstation: „Jesus wird vom Kreuz genommen und in den Schoß seiner Mutter gelegt.“ Die Madonna mit Kind in gleicher Größe auf der Rückseite vom Ende des 15. Jahrhunderts befand sich früher in einem Flügelschrein in der St.-Johann-Kapelle. Mit den beiden Madonnen lässt sich somit je nach Kirchenjahr oder Art des Gottesdienstes die freudenreiche oder die schmerzhafte Gottesmutter in das Blickfeld rücken. Über den Madonnen sind 15 Rosenkranz-Medaillons kreisförmig angeordnet. Die kostbaren Barockschnitzwerke aus dem 17. Jahrhundert befanden sich bis 1992 in der Loreto-Kapelle. 

Das große Kreuz wächst symbolisch aus einer Grabstelle im Fußboden heraus, die als 14. Kreuzwegstation gedeutet wird: „Der Leichnam Jesu wird ins Grab gelegt.“ Vier Segmente aus der Altarplatte des alten Hochaltars wurden in den Boden eingelassen. Die aufgebrochenen Segmente geben den Blick frei auf wesentliche Elemente des Glaubens, auf Tod und Auferstehung: Ein Fuß und eine Knochenhand werden von einer Schlange umschlungen. Sie symbolisiert die Versuchung und das Boshafte, die durch den Erlöser bezwungen werden. Seine durchbohrte Hand ist in einem weiteren Segment erkennbar. Das in den Fluten des Roten Meers versunkene Rad eines ägyptischen Kampfwagens im vierten Segment verweist auf den Auszug aus Ägypten und die Rettung des Israeliten. 

Die Kreuzwegstationen 

Im hinteren Teil des Langhauses befinden sich die Kreuzwegstationen eins bis elf. Es sind die von Fidelis Bentele 1868 gemalten 113 x 91 cm großen Bildtafeln, die bereits bis 1990 in der Kirche hingen. Sie tragen neue Dornenrahmen und wurden ergänzt um acht Halbplastiken von Helmut Lutz und zwei Halbplastiken aus dem Schnell-Altar. Mit den zeitgenössischen Halbplastiken werden die Themen des Kreuzwegs in die heutige Zeit transferiert und Assoziationen zur aktuellen Realität geweckt.  

Über dem Windfang der linken Zugangstür sieht man die erste Kreuzwegstation „Jesus wird ans Kreuz genagelt“ (1) [die in Klammern gesetzten Zahlen und Buchstaben beziehen sich auf die Lage der Kunstgegenstände in der Kirche, siehe Grundriss-Skizze], rechts davon Schnells Halbplastik der Geißelung und links die Dornenkrönung. Die dritte Station, „Jesus fällt zum ersten Mal unter dem Kreuz“, über dem linken Beichtstuhl (3) begleiten zwei Werke von Helmut Lutz begleitet. Rechts schleppt eine gebeugte Gestalt einen großen Sack, der menschliches Leid und Schuld symbolisiert. Der Engel in dem aufgebrochenen Sack steht für die versöhnende Handlung Gottes, der aus dem Samen neues Leben aufgehen lässt. Bei der linken Halbplastik windet sich eine Schlange um Adam, der aus Scham sein Gesicht verbirgt. Der schlafende Petrus am Ölberg ist ihm an die Seite gestellt. Der Engel und Petrus sind Fragmente aus der Ölbergszene des Schnell-Altars.   

Im Zusammenhang mit der fünften Station, „Simon von Zyrene hilft Jesus das Kreuz tragen“ (5), scheint auf dem rechten Halbrelief über dem Haupteingang (6) ein Paar aus der heutigen Zeit das Kreuz mitzutragen. Tatsächlich aber erkennt man, dass das Kreuz eher anderen aufgebürdet wird. Und das Halbrelief auf der linken Seite daneben liefert den Beweis: Eine Frau wird vom Kreuz zu Boden gedrückt. Diese Tatsache wird allerdings heuchlerisch mit dem Schweißtuch der Veronika, Thema der sechsten Station, verdeckt. 

Das Thema der achten Kreuzwegstation, „Jesus begegnet den weinenden Frauen“ (8), greift die rechte Halbplastik über dem rechten Beichtstuhl (9) auf. Eine weinende Frau schützt mit ihren Händen das werdende Leben. Zwei weitere Frauen halten ihre Hände vor das Gesicht. Es ist ein Ausdruck der Klage über die andauernde Gewalt des Lebens, der vor allem die Frauen ausgesetzt sind. Der Apfel deutet dabei auf die alleinige Schuldzuweisung an die Frauen. Das Bildnis auf der linken Seite entstand unter der Betroffenheit über die kriegerischen Handlungen während des Bosnienkriegs. Es zeigt, wie durch die vernichtende Waffengewalt ein „Gefallener“ unter das Grabkreuz gedrückt wird. 

Die elfte Kreuzwegstation, „Jesus wird ans Kreuz genagelt“ (11), befindet sich über dem Windfang der rechten Zugangstür. Ähnlich wie Jesus erleben viele Menschen ein tägliches Martyrium. Wie die Person im Rollstuhl auf der rechten Halbplastik sind sie gefesselt, bewegungsunfähig und auf fremde Hilfe angewiesen. Nur allzu oft verschließt man die Augen oder sieht weg, wie die Gestalt daneben. Der Hl. Sebastian auf dem linken Bild ist mit Pfeilen durchbohrt. Das Kanonenrohr eines Panzers ist auf seinen Kopf gerichtet. Heute sind es nicht Pfeile, sondern andere Waffen, die auf die Menschen gerichtet sind. 

Die Zunftstangen 

Im vorderen Teil des Kirchenraumes sind vor den Lisenen und links und rechts des Podestes zwölf Zunftstangen mit Heiligenfiguren aufgestellt (A bis M). Sie erinnern an die Blütezeit der Zünfte und sind Ausdruck des Selbstbewusstseins der Handwerkerschaft. Die Heiligen stellen die Patrone der jeweiligen Zunft dar. Die Stangen wurden von den Zunftmitgliedern bei Prozessionen und Begräbnissen von Familienangehörigen eines Zunftmitglieds mitgeführt. Die kunstvoll geschnitzten Barockfiguren sind 41 bis 66 cm hoch. Kleine Wappenkartuschen verweisen auf die Ursprungsjahre zwischen 1680 und 1847. Bei acht Figuren ist in einer zweiten Wappenkartusche ein entsprechendes Handwerkerzeichen aufgemalt. 

Links beginnend handelt es sich um den Erzengel Michael, den Patron der Schneider (A). Es folgen der Evangelist Lukas (Metzger), der Apostel Bartholomäus (Gerber), die Hl. Katharina von Alexandrien (Zimmerleute und Wagner), die Jungfrau Maria (Sattler und Handschuhmacher), Bischof Egidius (Huf- und Wagenschmiede), Bischof Konrad von Konstanz (Patron der Diözese Konstanz, zu der Tettnang früher gehörte), erneut Katharina von Alexandrien (diesmal für die Zunft der Müller), Papst Urban (Weingärtner), die Hl. Elisabeth von Thüringen (Bäcker), der Apostel Thomas (Maurer) und der Hl. Crispin (Schuhmacher) (M). 

Die Tettnanger Zunftstangen befanden sich ursprünglich schon einmal in der St.-Gallus-Kirche und zwar jeweils an den hölzernen Säulen. Danach kamen sie in die St.-GeorgsKapelle. Nach dem Zweiten Weltkrieg war zu befürchten, dass sich Kunsträuber für die barocken Schnitzereien interessierten. Deshalb drängte das Bischöfliche Ordinariat in Rottenburg die Kirchengemeinde Mitte der 1980er Jahre dazu, eine Diebstahlsicherung anzubringen. Da der dazu notwendige Betrag nicht aufgebracht werden konnte, wurden die Kunstwerke vorübergehend im Tettnanger Stadtmuseum ausgestellt. 

Die Neugestaltung der Stadtpfarrkirche bot schließlich die Möglichkeit, den Zunftstangen dort eine würdige und diebstahlsichere Heimat zu geben. Trotz Vorsichtsmaßnahmen sind zwei der Stangen samt ihren Figuren verloren: der Hl. Josef, Schutzpatron der Zimmerleute, und ein weiterer Heiligen, dessen Identität nirgends vermerkt ist.  

Die Chorfenster 

Die fünf je elf Meter hohen Glasfenster wurden 1952 von dem Ulmer Grafiker und Glasmaler Wilhelm Geyer geschaffen. Die prächtige Farbsymphonie stellt die Wiederkunft Christi nach der Geheimen Offenbarung des Hl. Johannes dar. Im Mittelfenster erscheint im oberen Drittel Christus innerhalb einer mandelförmigen Mandorla, flankiert von vier Engeln, die oberen mit Sichel und Ähren sowie einem Weinkrug, die beiden unteren mit den Büchern des Lebens und der Werke. Über Christus schwebt der Heilige Geist in Form einer Taube. 

Darüber thront Gott Vater, der die Schriftrolle mit den sieben Siegeln in der Hand hält. Er wird flankiert von den Symbolen der vier Evangelisten: Engel, Adler, Löwe und Stier. Zu Füßen von Christus hält ein Engel ein T-Kreuz, ihm zur Seite sind zwei weitere Posaunenengel auszumachen. Darunter thront die Gottesmutter, umrahmt von ihren vier Sinnbildern: Siegeskrone, Dornenkrone, Lilie und Zweig mit Apfel. Im unteren Fensterfeld sitzen in vier Dreierreihen die zwölf Apostel zu Gericht über die Zwölf Stämme. 

Im linken Chorfenster erscheint ganz oben Christus mit einem Schwert im Mund neben den sieben Leuchtern und umgeben von sieben Sternen. Darunter stehen zwei der 24 Ältesten am Thron Gottes. Im obersten Rhombus löst das Gotteslamm das erste Siegel der Schriftrolle. Darunter stürmen vier apokalyptischen Reiter heran. Im zweiten Rhombus steht ein Engel und verteilt nach dem Öffnen des fünften Siegels weiße Gewänder an die Seelen der Ermordeten. Darunter sind vielerlei Arten des Martyriums dargestellt. Nach dem Öffnen des sechsten Siegels im dritten Rhombus halten vier Engel die Winde ab, zwischen ihnen im runden kleinen Kreis vier Auserwählte in weißen Gewändern. Im vierten Rhombus misst Johannes den Tempel Gottes und weist den Heiden den Vorhof zu. Zwei Zeugen mit Schwurhand und Pax-Zeichen bekunden das Ende der Herrschaft des Todes, der im untersten Feld dargestellt ist.  

Im rechten Chorfenster tanzt unten das babylonische Weib, darüber in den Zwickeln die zwei gefährlichen Tiere des Meeres und des Festlandes. Im untersten Rhombus steht der Erzengel Michael, der Drachentöter. Über ihm werfen Händler ihre Waren im brennenden Babylon ins Feuer, da sie nichts mehr verkaufen können. Die Menschen jubeln über den Untergang der heidnischen Welt, und ein Engel wirft im zweiten Rhombus einen Mühlstein ins Meer. Christus reitet im nächsten Rhombus als Sieger auf einem weißen Ross mit einem Schwert im Mund und einer siebenfachen Krone auf dem Haupt, gefolgt von vier Reitern. 

Darüber erstrahlt das himmlische Jerusalem mit zwölf Toren und bewacht von je einem Engel. Im obersten Rhombus erscheint nochmals das Gotteslamm auf einem Hügel, aus dem vier Ströme fließen. Oben steht die Frau der Geheimen Offenbarung: Maria mit Kind auf dem Arm vor der Sonne und umgeben von einem Kranz aus zwölf Sternen. 

Auf dem Fenster an der linken Chorseite erkennt man den Kirchenpatron St. Gallus mit einer Kirche auf dem Arm, die Rechte zum Segnen erhoben. Darunter Christus als Bräutigam und die fünf klugen Jungfrauen. 

Das Fenster auf der rechten Chorseite zeigt oben einen Kreuzritter mit dem Wappen der Grafen von Montfort, eine Reminiszenz an das früher hier ansässige Adelsgeschlecht. Bei der Darstellung handelt es sich um den seligen Johannes von Montfort, der von den Tettnanger Grafen zwar als Hausheiliger verehrt wurde, aber aus dem nicht verwandten französischen Geschlecht Montfort-l‘Amaury stammt. Im unteren Teil des Fensters ist Christus mit den fünf törichten Jungfrauen abgebildet. 

Die Giebelfenster 

Die beiden Fenster rechts und links der Orgel wurden ebenfalls von Helmut Lutz konzipiert und in der Glaswerkstätte Nikolaus Diering in Überlingen gefertigt. Sie symbolisieren die Bedeutung der Musik als Botschafter des Evangeliums. Das rechte Fenster zeigt Harfe, Mund und Hand des Sängers David. Das Lamm im unteren Teil des Fensters erinnert daran, dass König David ursprünglich ein Hirte war. Die abgebrochene „halbe“ Acht im oberen Teil, die früher in ähnlicher Form als Vier verwendet wurde, verweist auf die kosmologische Deutung der Zahl Vier, die beispielsweise in den vier Himmelsrichtungen, den vier Jahreszeiten zum Ausdruck kommt. 

Im linken Fenster versetzt Gott, dargestellt durch sein Auge im oberen Teil, mit einem Gong die Schöpfung in Schwingungen, ausgedrückt durch das „Om“ wie bei den buddhistischen Mönchen. Das Ohr empfängt die Sprache Gottes über die Musik. Die Posaunen verkünden die Frohe Botschaft, in die alle Kreaturen einstimmen. 

Die Wandmalerei 

Die beiden 1894 von Fidelis Bentele gemalten Chortafeln „Christi Geburt“ und „Abendmahl“ hatten ursprünglich einen ornamentalen Rahmen. Mit seiner großflächigen Wandmalerei versucht Helmut Lutz die unterschiedlichen Stilrichtungen von Nazarener-Bildern und den blau-goldenen Geyer-Fenstern zu einer Einheit zusammenzuführen. Mit der provozierenden Chormalerei will er den Betrachter dazu anregen, sich mit seinem Standort zwischen einem von Gott und den Menschen gestalteten Zeitgeschehen sowie dem Spannungsfeld zwischen göttlichem Heilswillen und menschlichem Verhalten auseinanderzusetzen.  

Auf der linken Chorwand ist der Weihnachtsstern aus der tiefblauen Grundfarbe ausgespart. Aus einem Trümmerhaufen aktueller Relikte unserer Konsumgesellschaft ist „ein Ros entsprungen“, die Geburt Christi, dargestellt auf dem Gemälde von Bentele und hier dargeboten von einem mächtigen Engel. Über dem Bild erscheint in den aufgefalteten Blütenblättern einer Rose in zarten Pastellfarben in Gestalt einer Taube das Motiv des Heiligen Geistes. Schmerzliche Fragen stellt das Bild eines ermordeten Kindes, das Lutz unter dem Eindruck des Bosnienkrieges gemalt hat und das Anklage erhebt. 

Auf der rechten Chorwand wird die Abendmahlszene von Bentele durch die Malerei von Lutz weitergeführt. Unter dem Gemälde der Leichnam Christi in der Grabeshöhle, begleitet links und rechts von Weizenähren und Weintraube, den Symbolen der Eucharistie.

Ährenhalme und Baumwurzen sind ineinander verflochten. Der Lebensbaum gabelt sich zum Kreuz, und in der lichtdurchfluteten Krone, die dem brennenden Dornenbusch gleicht, erscheint ein Engel mit Kelch. Links erscheint Pilatus als Figur des Bösen, des Mechanismus. Mit einer Krone in Form einer Narrenkappe wäscht er seine Hände in Unschuld. Rechts erinnert der Stamm einer Weintrotte mit der verführenden Schlange an Adam und Eva und der Geldbeutel an den Ungehorsam und die Falschheit von Judas.

Unter den Chorfenstern zeigen als raumverbindende Elemente vier gemalte Bücher typische Szenen aus den Büchern der vier Evangelisten. Links aus dem Matthäus-Evangelium das Dreikönigsmotiv mit Gold, Weihrauch und Myrrhe. Es folgt die Dämonenaustreibung nach Markus, bei der eine Teufelsfratze und ein befreiender Strahl aus einem Mund herausbrechen. Ungewöhnlich ist die Darstellung des Lukas-Evangeliums vom verlorenen Sohn, der erst am Lebenstiefpunkt ankommen musste, um heimzukehren. Für das JohannesEvangelium vom Anfang und von der Vollendung stehen das Alpha und das Omega auf dem rechten Buch.

Im vorderen Kirchenschiff befindet sich links und rechts in Augenhöhe der Bilderzyklus der Elemente. Das erste der übergroßen Medaillons links versinnbildlicht das Element Feuer. Von einer Fackel entzündet bricht es wie eine Vulkaneruption in Form von flüssigem Gestein und Erz aus der Wand heraus. Veranschaulicht wird das Wort Gottes „Macht euch die Erde untertan“ durch den Zweitakt-Motor und die Zahnräder außerhalb des Rahmens. Das zweite Element Wasser tritt als Quelle allen Lebens wie ein Strudel aus der Wand hervor. Wasserhahn und Leitung zeugen vom Vermögen der Menschen, sich dieses Element nutzbar zu machen. Ein Spiegelkarpfen verlässt den Rahmen, um dem Menschen als Nahrung zu dienen. Die Luft im dritten Medaillon tritt aus dem Rohr eines Blasebalgs hervor, wird zum Wind, der regenschwere Wolken vor sich hertreibt. Das Element Luft bietet den Lebensraum für Vögel und andere Tiere des Himmels, dargestellt durch eine Möwe im Wind. Es lässt aber auch zur Freude der Kinder einen Luftballon aufsteigen. Im Zentrum des vierten Medaillons für das Element Erde steht der Mensch in den Personen von Adam, Eva und einem farbigen Kind. Als Ackerbauer und Züchter nutzt er die Erde, wie es die Kartoffelpflanze mit Knolle und Blüte symbolisieren. Als Lebensraum für Pflanzen und Tiere stehen Löwenzahn, Wurm und Marienkäfer und über den Rahmen hinaus ein kleiner Hase und ein großer Elefant. Den Zyklus ergänzen an den Stirnseiten des Langhauses die Gestirne Mond und Sonne. Blitz und Unwetterwolke in der Mondsichel erinnern links an die lebensbedrohende Dimension der Elemente. Die Sonne spendet Licht und Wärme für Leben und Wachstum auf unserem Planeten.

Über den Fenstern befinden sich im Kirchenschiff, durch ein steingraues und ein signalblaues Band verbunden, Bildmotive der Apostelattribute. Beginnend vorne rechts, symbolisieren das Schwert mit Strahlenniederfall und Blitz den Hl. Paulus; daneben repräsentieren der von einem Arm gereichte Schlüssel und der Hahnenkopf den Hl. Petrus.

Der Arm, der das Andreaskreuz im dritten Medaillon trägt, steht für den Hl. Andreas. Mit Muschel, Wanderstab und Kalebasse wird im nächsten Feld Bezug genommen auf den Hl. Jakobus den Älteren. Die Spirale mit umgebenden Sternen verweist auf die Milchstraße und den Sternenweg nach Santiago de Compostela. Der Kelch mit Schlange vergegenwärtigt den Hl. Johannes, der mit dem Adlerkopf als Evangelist ausgewiesen wird. Winkel und Lanze verweisen auf den Hl. Thomas, und die Wunde erinnert an seine österliche Begegnung mit Christus. Im letzten Feld ist die Tuchwalker-Stange ein Hinweis auf den Hl. Jakobus den Jüngeren, der mit einer solchen Stange erschlagen wurde.

Auf der linken Seite wird im hintersten Medaillon mit einem T-Kreuz und den Steinen an den Hl. Philippus erinnert. Das Messer im nächsten Feld steht für den Hl. Bartholomäus, dem die Haut abgezogen wurde. Die Attribute Hellebarde und Evangelienbuch verweisen auf den Evangelisten Matthäus, und die Säge auf dem nächsten Bild ist das Symbol für den Hl. Simon, der einer Legende zufolge mit einer Säge zu Tode gemartert wurde. Nach der gleichen Legende wurde der Hl. Judas Thaddäus mit einer Keule erschlagen. Daher ist er im nächsten Medaillon durch eine Keule vertreten. Für den Hl. Matthias stehen im letzten Feld Beil und Losrolle. Er wurde für den Verräter Judas in das Apostelkollegium nachgewählt und war somit der 13. Apostel.

Die weitere Ausstattung

Die Orgel wurde 1957 bei der Firma Albert Reiser in Biberach erbaut. Im Zuge der Neugestaltung des Kirchenraums 1990–1992 und dem daraus resultierenden Ab- und Wiederaufbau erfolgte eine provisorische Sanierung und klangliche Veränderung. Dabei wurde das spätromantisch disponierte Instrument überarbeitet und in seinem Klang neobarocken Vorstellungen angepasst. 2004 entschloss man sich zu einer grundlegenden Überarbeitung der Orgel. Etwa 80 Prozent der Pfeifen und die Windanlage konnten wiederverwendet werden. Das Instrument wurde dabei von 44 auf 49 Register erweitert; obendrein erbaute man einen neuen Spieltisch. Die 2011 abgeschlossene Sanierungsmaßnahme kostete rund 300.000 Euro und wurden ausschließlich durch Spenden finanziert.

Im Vorraum der Kirche befindet sich an der rechten Wand ein 2,50 Meter hohes Marmorepitaph für Graf Anton IV. von Montfort (12), den letzten seines Geschlechts. In der Mitte des Sockels erkennt man das gestürzte Montfort-Wappen. Auf dem Sockel sind eine Frauengestalt, deren Linke eine Schrifttafel hält, und ein Kranich platziert. Die Inschrift auf der Tafel lautet: „DENKMAL DER LIEBE U. DANKBARKEIT VON DEN ARMEN DER HERRSCHAFT TETTNANG ARGEN UND SCHOMBURG, FÜR IHREN STIFTER UND WOHLTHAETER WEILAND DEN HOCHGEBORENEN HERRN HERRN ANTON DES HEIL. RÖM. REICHS GRAFEN ZU MONTFORT. DES HOCHLÖB. SCHWAEB. KREISES GEN. FELDMARSCHALL LIEUTENANT DES CHURPFAELZ. ST. GEORGII ORDENS RITTER UND LETZTER ABKÖMMLING DIESES GRAEFL. HAUSES, IST GEB. DEN 16. NOV. 1725 UND GEST. DEN 3. DEC. 1787. AUFGERICHTET IM JAHRE 1795 R.I.P.“ Auf dem Sockel liegen Kanonenrohre und Kugeln, ein Hinweis auf die militärische Laufbahn des Verstorbenen. Die Rückwand mündet in einem Gesims mit militärischen Trophäen und einem Engel, der aus einem Füllhorn Geldstücke schüttet.

Das Denkmal ist eine Stiftung der Armen der ehemaligen montfortischen Herrschaften Tettnang, Argen und Schomburg, die der letzte Graf vor seinem Tod am 3. Dezember 1787 zu seinen Erben eingesetzt hatte. Das Epitaph wurde 1795 von dem Bildhauer und Stuckateur Johann Georg Wieland (1742–1802) geschaffen und ist – außer den Glocken – der einzige Gegenstand aus der Vorgängerkirche von St. Gallus, der bis in unsere Tage gerettet wurde.

Im Erdgeschoss des Turms befindet sich die spätgotische Madonna mit Kind aus der Multscher-Schule. Die Figur vom Ende des 15. Jahrhunderts zierte früher den linken Seitenaltar der Kirche. Die vier 1705 für die St.-Gallus-Kirche gegossenen Glocken mit der Tonfolge h – d – fis – a sind nahezu formgleich, zeichnen sich durch starke barocke Ornamentik, lebhafte Bildsprache und zahlreiche Textfelder aus und tragen alle den Hinweis auf die Gießergemeinschaft Aporta/Ernst: „GOSS MICH ANDREAS APORTA VON VELDKIRCH UND IOH: BAPTISTA ERNST. IN LINDAW. A: 1705“. Die 3.300 kg schwere Dreifaltigkeits-Glocke (h-Glocke) ist eine Stiftung des Grafen Anton III. von Montfort († 1733) und seiner Gemahlin Maria Anna, geb. Gräfin von Thun. Schulter und Flanke zeigen Reliefbilder der Hl. Dreifaltigkeit, des Hl. Salvators, der zwölf Apostel und ein MontfortWappen. Zusätzlich sind die Hintergründe der Neuanschaffung der Glocken (Blitzeinschlag, Turmbrand, Zerstörung der Glocken und Neuguss) innerhalb einer Kartusche in lateinischer Sprache beschrieben.

Die Christusglocke (d) wiegt 1.600 kg und trägt als Reliefs ein Kruzifix sowie Bilder der Hl. Drei Könige, der Hl. Familie und des Hl. Gallus. Die 800 kg schwere fis-Glocke diente früher als Wetterglocke. Auf ihrer Flanke sind die Heiligen Florian, Veit, Johannes Evangelist und Agatha abgebildet. Die kleinste der vier Glocken, die 450 kg schwere a-Glocke, diente früher als Totenglocke. Sie zeigt Reliefbilder der Heiligen Sebastian, Michael, Anna und der Gottesmutter.

Diese historischen Glocken von 1705 wurden im Jahr 1962 ergänzt um zwei neue, von der Firma Heinrich Kurtz in Stuttgart gegossene Glocken. Die größere St.-Martinus-Glocke mit dem Ton „e“ ist dem Hl. Martin von Tours geweiht, dem Schutzpatron der Diözese Rottenburg. Sie ist 1.140 kg schwer und trägt unter dem Bildnis des Hl. Martinus den Spruch „Das Größte aber ist die Liebe“. Die kleinere St.-Gallus-Glocke (a-Glocke) wiegt 480 kg, erinnert an das 100-jährige Bestehen der heutigen St.-Gallus-Kirche und ist deren Schutzpatron geweiht. Unter einem Bildnis des Heiligen mit Bären befindet sich der Spruch „Ihr werdet mir Zeugen sein bis an die Grenzen der Erde“.

Die Künstler

Drei verschiedene Künstler haben in drei aufeinander folgenden Jahrhunderten dem Inneren der St.-Gallus-Kirche ein prägendes Aussehen in drei unterschiedlichen Stilrichtungen verliehen. Im 18. Jahrhundert war es Andreas Brugger, der das Gotteshaus barockisierte, für den gesamten Bilderschmuck verantwortlich zeichnete und als Freskenmaler tätig war. Von seinen Werken für die Kirche sind nur die zwei Seitenaltartafeln übriggeblieben, die sich heute in der St.-Johann-Kapelle befinden. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts fertigte der Kunst- und Kirchenmaler Fidelis Bentele die Gemälde im Nazarenerstil für die Altäre, den Kreuzweg sowie weitere Bilder als Raumschmuck. Von ihm befinden sich noch elf Kreuzwegstationen und die beiden Chorgemälde in der heutigen Kirche. Mit der zweiten Umgestaltung Ende des 20. Jahrhundert verwandelte der Breisacher Künstler Helmut Lutz die Kirche in ein Gotteshaus der Moderne. Bis auf die genannten Werke von Bentele und Elemente des früheren Hochaltars hat er alle Kunstgegenstände und Wandmalereien in der Kirche neu geschaffen.

Andreas Brugger kam am 16. November 1737 in Kressbronn zur Welt. Nach seiner Lehre wurde Graf Ernst von Montfort auf seine künstlerische Begabung aufmerksam und schickte ihn 1755 zur Weiterbildung in die Werkstatt des aus Langenargen stammenden Franz Anton Maulbertsch (1724–1796) nach Wien, wo er sich zu einem Barockmaler süddeutsch/österreichischer Prägung entwickelte. Nach seinem Romaufenthalt 1768/69 und der Rückkehr in die Heimat schuf er etwa 35 Fresken und über 220 Tafelbilder für kirchliche und weltliche Auftraggeber und wurde zu einem der bedeutendsten Maler Oberschwabens. Brugger starb am 8. Februar 1812 in Langenargen.

Fidelis Bentele wurde am 5. März 1830 in Tettnang geboren. Nach dem Besuch der Münchner Kunstakademie (1846–1849) setzte er seine Ausbildung an der Königlichen Kunstschule in Stuttgart fort. Der begabte Schüler erhielt ein Stipendium und weilte von 1856 bis 1859 in Italien. Anschließend arbeitete er als Lehrer an der „Winterbaugewerkeschule“ in Stuttgart, der späteren Baugewerkeschule, wo er insgesamt 27 Jahre als Professor für Ornament- und Landschaftszeichnen tätig war. Seine Werke in Öl- und Freskotechnik zeigen in erster Linie religiöse Themen, aber auch Bildnisse und Landschaften. Ab 1860 entstanden seine großflächigen Altarbilder, später auch Fresken für zahlreiche Kirchen vor allem in Oberschwaben, mehrere davon für Tettnang. Bentele starb am 27. März 1901 in Stuttgart.

Helmut Lutz wurde am 28. März 1941 in Freiburg im Breisgau geboren. Von 1958 bis 1966 studierte er an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe bei Emil Wachter und Hans Meyboden. 1971 ließ er sich in Breisach am Rhein nieder. Hier gründete und leitete er die „Breisacher Schule“ für Bildhauer, in der er ab 1974 zehn Jahre lang mit ausgebildeten jungen Künstlern zusammengearbeitet hat. Zu den mehr als 35 von Lutz gestalteten Kirchen in Deutschland, Frankreich und Österreich zählen die Gotteshäuser in Bad Krotzingen-Biengen, Freiburg-Haslach, Denzingen und Telfs, oft in Verbindung mit einem von ihm entworfenen Gesamtkonzept. Daneben umfasst sein künstlerisches Werk Skulpturen, Wandgestaltungen und architektonische Elemente.

Gisbert Hoffmann

Literatur

Burmeister, Karl Heinz: Geschichte der Stadt Tettnang, Konstanz 1997, S. 11, 15–19.

Frick, Alex: Pfarrei St. Gallus Tettnang, Kleiner  Kunstführer, Nr. 1335, 1. Auflage, München/Zürich 1982.

Hoffmann, Gisbert: Fidelis Bentele – ein fast vergessener Maler, in: FH-Kurier Nr. 85, Förderkreis Heimatkunde e.V. Tettnang, S. 1–5, Dezember 2018.

Hoffmann, Gisbert: Vom dreischiffigen Gotteshaus zu einer zeitgenössischen modernen Hallenkirche, in: FH-Kurier Nr. 76, Förderkreis Heimatkunde e.V. Tettnang, S. 7–9, September 2016.

Hoffmann, Gisbert: Kunstraub oder Fahrlässigkeit? – Die Tettnanger Zunftstangen, in: FHKurier Nr. 72, Förderkreis Heimatkunde e.V. Tettnang, S. 4–5, September 2015.

Hoffmann, Gisbert: Graf Antons Vermächtnis – Ein Epitaph für den letzten Montfortgrafen, in: FH-Kurier Nr. 82, Förderkreis Heimatkunde e.V., Tettnang, S. 9–11, März 2018.

Hosch, Hubert: Andreas Brugger (1737–1812), Maler von Langenargen, Sigmaringen 1978, S.

115–116, 185–186, 214–215, 220, 244–245.

Lutz, Helmut: Kirchenführung durch den Künstler, in: St. Gallus Tettnang – Neugestaltung der Pfarrkirche in Tettnang 1990–1991, Kath. Kirchengemeinde Tettnang (Hg.), Tettnang 1991.

Matthey, Werner von und Schahl, Adolf: Die Kunstdenkmäler des Kreises Tettnang, Stuttgart und Berlin 1937, S. 14.

Der Autor

Dipl. Ing. Gisbert Hoffmann (geb. 1941) befasst sich seit Jahren mit Kunst, Geschichte und

Heimatkunde, hat dazu eine Reihe von Büchern und zahlreiche Arbeiten publiziert. Er ist Vorsitzender des Förderkreises Heimatkunde und Archivar im Pfarrarchiv St. Gallus in Tettnang.

Hinweis

Der Kunstführer „Pfarrkirche St. Gallus in Tettnang“, dem dieser Text entnommen wurde, ist im Pfarrbüro oder in der Pfarrkirche zum Preis von € 4,00 erhältlich.